Theaterverein TITANIA Völklingen

10 Jahre TITANIA
zusammengestellt von Michael Altpeter

Das Jubiläum soll in gebührendem Rahmen gefeiert werden. Auch eine Festschrift soll das Ereignis würdigen. An dieser soll ich mitwirken. Warum ich? Um diese Frage zu klären, treffe ich mich 16. April 2010 um 11:00 Uhr mit Gaby und Ralf Westermann und Jürgen Reitz.

„Warum ich?“. Bevor ich eine Antwort bekomme, meint die gebürtige Straßburgerin Gaby: „In Straßburg tönt es um diese Zeit aus dem Radio: 11:00! C’est l’heure de l’apéro…“ Bon. Danach war meine Antwort klar. Ich bin dabei.

Zehn Jahre TITANIA: Kein Alter im Vergleich zur Geschichte des europäischen Theaters, dessen Ursprung in Griechenland liegt und man diesbezüglich annehmen darf, dass der Athener Thespis dort um das Jahr 550 v. Chr. die erste Theateraufführung zu Ehren des Dionysos machte. Allerdings ist man, im Alter von zehn Jahren fähig, Revue passieren zu lassen und einen Blick in die Zukunft zu werfen.

Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Namen TITANIA?

Wer William Shakespeare kennt, wird sich an „Ein Sommernachtstraum“ oder auch „Ein Mittsommernachtstraum“ erinnern, in dem „TITANIA“ als Königin der Elfen eine zentrale Rolle spielt. Aber was verbindet der Völklinger Bürger mit dem Namen TITANIA?

Um dies in Erfahrung zu bringen höre ich mich erstmals bei mir bekannten und unbekannten Menschen in Völklingen um. Von „kenne ich nicht“ über „das ist doch der Dampfer, der mit einem Eisberg kollidierte und sank“ klären mich erstaunlich viele Leute auf: „das ist ein Theaterverein im Alten Bahnhof. Da gehe ich jetzt regelmäßig hin.“ Richtig.

TITANIA ist ein eingetragener Verein wie viele andere auch und hat derzeit ca. 40 Mitglieder, von denen etwa 25 aktiv auf der Bühne mitwirken.

Karl-Heinz Schäffner

„Wie ist eigentlich TITANIA entstanden?“ frage ich Karl-Heinz Schäffner, Direktor der Völklinger Volkshochschule. „Dreh- und Angelpunkt ist der Alte Bahnhof, der ursprünglich abgerissen und einem Busbahnhof weichen sollte, dann aber unter Denkmalschutz gestellt wurde. Den sodann aufwendig sanierten Alten Bahnhof galt es mit Leben zu füllen.“

Ein Technologiezentrum sollte installiert werden ebenso wie eine Tourismuszentrale, eine Gastronomie und ein Bereich für städtische Kultur. Karl-Heinz Schäffner schwebte schon länger ein Modellprojekt kommunaler Kulturarbeit in Form eines Amateurtheaters vor Augen. „Mit Jürgen Reitz war auch schnell Derjenige gefunden, der dieses Projekt umsetzen sollte.“

Jürgen Reitz, seit 1977 als Schauspieler auf der Bühne zu Hause, betätigt sich außerdem als Autor und Regisseur. Jürgen erinnert sich: „Begonnen hat alles mit Fremdgruppen. Unser Ziel war es jedoch, mit eigenen Schauspielern eigene Stücke aufzuführen. Karl-Heinz hat zwei VHS-Kurse eingerichtet, um Schauspieler auszubilden, wobei die Ausbildung in meinen Händen liegen sollte. Zu unserer beider Überraschung meldeten sich für die Kurse 30 Interessenten an, von denen auch heute noch die meisten aktiv auf der Bühne stehen“ ergänzt Karl-Heinz Schäffner. Nach 18-monatiger Ausbildung war es dann soweit, dass die Schauspieltruppe eigene Stücke aufführen konnte.

Ich fragte Hatto Ehrhardt, Lehrer für Deutsch am Kaufmännischen Berufsbildungszentrum Völklingen, nach seinem Motiv, bei TITANIA als Schauspieler mitzuwirken.

„Ich wollte schon immer Kabarett machen, und mein Ziel ist es, einmal als Solist ein Kabarettprogramm zu gestalten. Schauspielen macht unglaublich viel Spaß.“

Mich interessierte, wie viel Zeit er in die Schauspielerei investiert.

10 Jahre Titania

„Im Schnitt benötigen wir zum Proben und Rollenstudium ca. 200 Stunden pro Theaterstück. Aber wir führen ja in der Regel mehrere Stücke pro Jahr auf. Dazu kommt, dass wir auch die Kulissen in Eigenregie erstellen. Gerade hier können wir uns voll und ganz auf Ralf Westermann verlassen.“

Ich greife letzteres auf und möchte von Ralf wissen, wie er seine berufliche Tätigkeit als selbstständiger Schreinermeister und Gerichtsgutachter mit seinem Engagement bei TITANIA in Einklang bringt, denn er steht dort nicht nur auf der Bühne und wirkt verstärkt beim Kulissenbau mit, sondern er ist auch der Vorsitzende des Vereins.

„Ich bin von Hause aus kein sog. „Vereinsmeier“. TITANIA ist mir allerdings ans Herz gewachsen. Was mich für den Zeitaufwand entschädigt, ist der Zusammenhalt der Truppe und der tolle Teamgeist.“

„Mit wem würdest du gerne mal auf der Bühne stehen?“ frage ich.

Spontan erfolgt die Antwort: „Mit Gene Kelly und Fred Astaire, denn Tanzen ist eine meiner großen Leidenschaften. Dann noch mit Gerd Fröbe, den ich wegen seiner schauspielerischen Vielfältigkeit bewundere. Dies wird allerdings im irdischen Leben nicht mehr funktionieren.“

Anlässlich einer Probe im Alten Bahnhof treffe ich Ingrid Korb, Hildegard Mottweiler und Steffi Biewer. „Was bedeutet für dich TITANIA?“ frage ich Ingrid Korb.

TITANIA ist mittlerweile ein großer und wichtiger Bestandteil meines Lebens. Bevor ich selbst auf der Bühne stand, habe ich regelmäßig das Theater in Saarbrücken besucht.“

Jeder Mensch hat Träume und Wünsche. Deshalb auch hier die Frage an Ingrid, mit wem sie gerne auf der Bühne stehen würde. „Ein gemeinsamer Auftritt mit Placido Domingo wäre für mich das Größte. Und….“, sie zögert, „eine Bett-Szene mit Till Schweiger. Aber schreib‘ das bitte nicht!“

Hildegard Mottweiler protestiert. „Gesagt ist gesagt. Das wird geschrieben!“

Ich frage Hildegard Mottweiler, was sie bewogen hat, bei Titania mitzumachen und wie sie zum Theaterverein gestoßen ist. „Ich habe früher lange im Chor gesungen. Theater war für mich immer eine spannende Sache. Im Rahmen einer Kulturgruppe bin ich über Jürgen Reitz zu TITANIA gekommen.“

10 Jahre Titania

Nachdem ich „Linie1“ gesehen hatte, war ich so begeistert, dass ich selbst aktiv auf der Bühne mitwirken wollte. Meine erste Rolle habe ich sodann in „Arsen und Spitzenhäubchen“ gehabt. Ich bin nach wie vor mit Begeisterung dabei, was letztendlich auch mit dem tollen Team zusammenhängt.“

Wie war das bei Steffi Biewer, möchte ich wissen. Steffi ist von Anfang an dabei – eine Frau der ersten Stunde also. „Für mich bedeutet das Theaterspielen die Verwirklichung eines Kindertraumes. Bereits in der Schule habe ich regelmäßig bei entsprechenden Veranstaltungen mitgewirkt.“ Wie sie denn zu TITANIA gekommen sei, frage ich weiter.

„Dies war 2001. Eine Bekannte hat mir erzählt, dass es in Völklingen eine Theatergruppe gäbe. Ich bin nach Völklingen gefahren, habe mich ob des tollen Teamgeistes sofort wohl gefühlt und bin dann auch „hängen geblieben“. Was mir imponiert ist, dass hier absolut professionell gearbeitet wird.“ Dem kann man nur beipflichten.

Szenenwechsel.

Ich treffe mich mit Gaby Westermann. „Ich wollte schon immer auf der Bühne stehen. Paris, Musicalschule. Das war mein Traum. Irgendwie kam es anders. Mit 17 Abitur, mit 24 Promotion als Zahnärztin, Schauspielerei und Paris Adieu. Aber vor sechs Jahren lernte ich TITANIA kennen und war sofort von der Professionalität begeistert. Ein früherer Traum hat sich erfüllt. Völklingen ist zwar nicht Paris, aber wenn du auf den „berühmten Brettern, die die Welt bedeuten, stehst“ ist kein Unterschied zu spüren – fast keiner…“.

10 Jahre Titania

„Ich weiß, dass du deinen zweiten Wohnsitz in Cannes an der Côte d’Azur hattest. Im Mai jeden Jahres finden dort die Filmfestspiele statt. Viele Stars geben sich ein Stell-Dich-Ein, wobei die Gagen dieser Stars oft astronomische Höhen erreichen.“

Gaby lacht. „Das heben wir bis zum Ende unserer so genannten Festschrift auf. Bon?“. Gut.

Alle, mit denen ich mich bislang unterhalten habe, sind von TITANIA begeistert. Und dieser Begeisterungsfunke springt auf die Zuschauer über. Als regelmäßiger Besucher kann ich dies nur unterstreichen. Der ursprünglichen Vorstellung, „ein Amateurtheater mit kontinuierlichem Spieltrieb“ zu installieren, ist man zwischenzeitlich enteilt. Professionalität und Vielseitigkeit geben Ausschlag für den Erfolg von TITANIA. Sketche, Komödien, Revuen, Kabarett, Musicals stehen ebenso auf der Programmliste wie Schauspiele und „Schwarzlicht-Theater“.

Gaby Westermann und Stefanie Biewer haben Probleme, die Vielzahl der Stücke und der darin mitwirkenden Personen aufzulisten.

10 Jahre Titania

Erster Auftritt von TITANIA: August 2001 anlässlich des VHS-Sommerfestes.

Aufgeführt wurde der Sketch „Das ganze Leben ist ein Quiz“.

Es folgten Komödien wie „Schriftlich in dreifacher Ausfertigung“, „Ein Krimi für das Schlossgespenst“, „Arsen und Spitzenhäubchen“, um nur einige zu nennen – mein persönlicher „Komödienfavorit“ ist „Aphrodites Zimmer“.

Auch etwas „schwerere Kost“ wie das Lehrstück aus dem Jahre 1942 von Bertolt Brecht „Der gute Mensch von Sezuan“ hatte im November 2009 Premiere. Am 07.12.2007 feierte das Weihnachtsstück „O je du fröhliche“ Premiere. „Dieses Stück soll in die Fußstapfen von „Dinner for one“ treten“, meint Gaby Westermann selbstbewusst.

Wir haben heute 30 bis 40 Aufführungen pro Jahr mit mehreren Premieren. Mehr als tausend Besucher dürfen wir begrüßen, was letztendlich Jürgen Reitz und der extrem engagierten Schauspielertruppe, der mein ausdrücklicher Dank und auch meine Bewunderung gilt, zu verdanken ist. „Gemeinsam mit Jürgen wurden die gesteckten Ziele erreicht, nämlich die Schaffung dauerhafter Strukturen, ein sog. Zimmertheater mit ganzjährigem Programm, vielen aktiven Schauspielern und ein lebendiger Theaterverein“, so Karl-Heinz Schäffner.

Um mein Bild von TITANIA abzurunden, besuche ich noch zwei Proben.

Zwei der großen schauspielerischen und musikalischen Herausforderungen waren zweifelsohne die Revuen „Linie 1“ und „Rost und Rose“. Beide leben neben Schauspielerei, Tanz und Gesang von der Musik. Bei der ersten Probe treffe ich Manuel Krass, 21 Jahre alt, lässig gekleidet, Hut – sein Markenzeichen – auf dem Kopf, cool.

Manuel, seit Oktober 2009 Dozent bei der VHS Völklingen, kommt – wie er sagt – aus der Jazz-Ecke, studiert an der Musikhochschule Saarbrücken (Instrument: Klavier) und ist mittlerweile Hauspianist von TITANIA. Wie kommt er zu TITANIA, möchte ich wissen.

„Diese Frage habe ich erwartet. Einstieg war das Musical „Linie 1“. Henning Käufer hat mich danach gebeten, als Aushilfe einzuspringen. Ich war damals 16 Jahre. Ich wurde sofort von allen akzeptiert. Nachdem Anne Marie Heißner kategorisch sagte: „Den behalten wir!“, war für mich das letzte Eis gebrochen. Die Arbeit mit der gesamten Truppe ist sehr spannend und überaus professionell.“

Im Oktober 2010 hat er mit seiner Band einen großen Auftritt in Berlin.

„Gleichgültig, welche Erfolge ich als Musiker in Zukunft haben sollte, ich bleibe in Völklingen und TITANIA treu.“

„Manuel ist ein Ausnahmetalent und ein Glückfall für TITANIA“, so Anne-Marie Heißner. Sie ist ausgebildete Musikpädagogin und fungiert bei TITANIA als Gesangslehrerin. Gemeinsam mit ihrem Sohn Sascha ist sie von Anfang an dabei.

„Der Verein wurde ja ursprünglich gegründet, um Theater zu spielen. Anfangs war es nicht einfach, den Akteuren das Singen beizubringen.

10 Jahre TITANIA

Doch dies ist längst Vergangenheit; die gesamte Truppe hat mittlerweile eine gesangliche Qualität erreicht, die sich hören lassen kann.“ Wer das Musical „Linie 1“ gesehen hat, kann Frau Heißners Einschätzung absolut bestätigen.

2. Probe. 17.05.2010 – 17:30 Uhr.
Auf der Bühne stehen 8 Kid’s zwischen 9 und 14 Jahren. Kira, Lena, Nina, Celina, Songül, Elif und Lisa. „Der Katzenwolf“ – so heißt das Musical, das Ende des Jahres 2010 im Völklinger Alten Bahnhof Premiere haben wird – wird geprobt. Die Mädels sind mit Begeisterung bei der Sache. Meine Frage, wieso nur Mädchen auf der Bühne stehen, wird – wie von mir nicht anders erwartet – einhellig beantwortet: „Die Jungen trauen sich nicht!“

Jürgen Reitz sitzt auf seinem Regisseurstuhl und klärt mich auf: „Die zentrale Aussage des Musicals „Der Katzenwolf“ ist, dass auf sehr unterhaltsame Weise Vorurteile entlarvt und abgebaut werden. Die Arbeit mit den Kindern bzw. Jugendlichen – gegründet wurde das VHS-Kindertheater 2010 – macht sehr viel Spaß. Alle sind begabt und begeistert. Mit solchen Talenten kann man getrost in die Zukunft blicken.“

10 Jahre TITANIA

Die Jugend ist wichtig, ihr gehört die Zukunft.

„Wie sieht es mit den „Älteren Semestern“ aus?“ frage ich Karl-Heinz Schäffner.

„Neu in unserem Programm ist das sogenannte Bewegungstheater für Senioren. Das Ganze ist ein gemeinsames von der LandesArbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung Saar (LAGS) gefördertes Vorhaben. Wir werden saarlandweit in Altenheimen auftreten. Die Aktion geht aus dem Projekt „Völklingen lebt gesund!“ hervor. Im September ist Premiere des Stückes „Palais Abendrot!“.

Eine letzte Frage an Jürgen Reitz: „Wo steht TITANIA im Jahre 2020?“

Antwort: „TITANIA betreibt eine eigene Spielstätte mit Garderobe, Fundus, Verwaltungsräumlichkeiten und der Möglichkeit, die Gäste zu bewirten.“

Dieses Ziel müsste erreichbar sein.

Freitag, 28.05.2010 – 11:00 Uhr.
Ich treffe imich zum Abschlussgespräch mit Gaby. Als sie ansetzt mit „11:00 Uhr, c’est l’heure de l’apéro“, unterbreche ich sie. Eine Frage steht noch immer unbeantwortet im Raum: „Wie sieht es mit eurer Gage aus?“

„Unsere Gage ist der Applaus unseres Publikums. Ich hoffe, dass die Gage noch lange nachhaltig fließt.“

Herzlichen Glückwunsch zum 10. Geburtstag.